Freitag, 29. Juli 2011

Shalom, Jesus und Maria

  


















ja, und dann war ich da: die heilige stadt. jerusalem. sechstausend jahre alt, mit einer altstadt, die in ihren mauern nicht nur die pilgerorte der drei groessten religionen beheimatet, sondern auch vier viertel, in denen juden, muslime, armenier und christen haus an haus wohnen.

richtig gelesen, nicht nur fuer uns christen stellt jerusalem mit dem grab jesu und das seiner mutter maria einen ort dar, der weit ueber rom rangiert, auch fuer die juden bildet es das zentrum der religion, mit der klagemauer sozusagen auch den "direkten" draht nach oben. und was ich nicht wusste: bis ins jahr 610 n.c. war hier die qibla - also das heutige mekka - fuer die muslime.

da stelle ich mir natuerlich die frage: was ist dran an dem ganzen gedoens :-) warum gerade hier? waere ich gott, oder allah, oder jahwe - ich haette mit sicherheit einen schoeneren ort fuer den erloeser gefunden. aber hier? heiss, steinig, alle haben sich in den haaren... warum also?

nun gut, lassen wir uns mal auf den zauber ein. zentrum der alten stadt ist natuerlich der felsendom mit der goldenen kuppe. direkt daneben liegt die al aqsa moschee, die ecke rum dann die klagemauer und natuerlich die grabeskirche. alles kann man bequem zu fuss erreichen, und da bietet es sich an, den kreuzweg zu begehen - also den weg, den jesus mit seinem kreuz gehen musste.


wir bewegen uns also zum loewen-tor, das tor in der stadtmauer, wo jesus das kreuz erhielt. wenn man so auf den steinen steht, und die gasse vor einem liegt, die auch jesus angeblich vor sich hatte, kommt einem das schon irgendwie seltsam vor. bevor ich also auf die via dolorosa einbiege, der rosenweg oder kreuzgang, atme ich doch tatsaechlich tief durch. irgendwas bewegt mich...

unscheinbar, geparkte autos der anwohner, wie hat es hier wohl vor 2000 jahren ausgesehen? "nicht viel anders, sagt mein begleiter. david, ein in jersualem geborener muslime. die autos stoeren, der rest ist unveraendert, von ein paar restaurationen mal abgesehen." er geht mit mir, bleibt immer wieder stehen und sagt: "laut eurer bibel ist jesus hier stehengeblieben und hat getrunken. und hier hat simon ihm angeboten, das kreuz zu tragen. ihr nennt das 5. station des kreuzweges. achja, und hier an dieser platte hat er sich abgestuetzt..." eine felsenplatte an einem haus ist von speckigen handabdruecken durchgescheuert, mehrere zentimeter tief. unglaublich, was millionen pilgerhaende hier schufen.



gleich biegen wir wieder ab, hinter dieser ecke liegt die grabeskirche. eine kirche, in der 13 andere kirchen ihren altar haben, immer wieder auf das grab jesu gebaut, schicht um schicht... und ich denke mir: was man dort wohl sieht? steine? von aussen jedenfalls ist die totenstaette unscheinbar, klein, in einem hellen hof gelegen. ueber dem eingang steht eine holzleiter unter einem fenster. seit jahrzenten streiten sich die verschiedenen religionen, wer hier das hausrecht hat und die leiter wieder wegnehmen muss... ein sinnbild fuer die situation hier...


im inneren herrscht pilger-gedraenge. eine schwester aus italien wischt mit ihrem taschentuch den boden. spaeter erfahre ich, dass dort der salbungsstein liegt, also wo der leichnam jesu vorbereitet wurde. eine schuelergruppe aus brasilien hoert gelangweilt einer israelischen fremdenfuehrerin zu. zwei maenner knien vor einem wandgemaelde. es laeuft musik, ein chor - wie engel, beschallt leise den vorraum von oben.

ich gehe durch die seitengaenge zum zentrum. ja, hier gibt es viele altare. und viele stufen, rauf, runter, nirgends ein grab zu sehen. die stimmung ist trotz allem - wieder mal - sehr seltsam. ich kann es nicht beschreiben, aber man wird sehr ruhig. als wuerde etwas ueber einem das rauschen der umgebung "abschalten". dann kommt man in die rotunde. ein holzgebaeude in der kirche, im innern das grab jesu. man sieht nichts. natuerlich. aber man kann sich auch nicht aus der stimmung befreien, die einen schon am loewentor ergiffen hat - irgendwas bewegt mich...





















viola, die ja auch ein paar wochen in israel verbracht hat, meinte spaeter, es waere schon die schlichte anwesenheit von glaubenden menschen, und deren verehrung der orte, die einen in diese stimmung versetzt. das stimmt. und ich habe diese stimmung sehr genossen, denn die ruhe, die ich dort gefunden habe, war wenig spaeter komplett verflogen.

es ging naemlich weiter zur klagemauer. und dort war "bar mizwah" time, was soviel heisst wie kommunion. bisschen anders, aber immerhin ein grund zu feiern fuer die kollegen von der juedischen fraktion - mit der familie an die klagemauer, trommeln, trompeten, floeten, alles dabei. ein riesen radau, der natuerlich fuer die brasilianer eine vertraute abwechslung darstellt... schon wurde mitgefeiert!
















an der klagemauer gab es aber auch betende menschen, viele - die ihre zettel mit wuenschen und fuerbitten in die steine stecken, und viele die einfach nur den schatten der mauer geniessen. fuer mich war es hier weniger bewegend, dafuer war die entspannte stimmung sehr schoen! und eine kippa habe ich auch getragen...






nach dieser klage-erfahrung hatte ich auch ein klage-hemd an, hatte ich schon erwaehnt, dass wir uns hier bei 45 grad bewegen? bevor wir also zum naechsten christlichen pilgerort gehen, mache ich mich kurz frisch und wechsle das t-shirt. man geht naemlich nicht verschwitzt zum grab von jesus' mom, maria.




















maria's grab - beschuetzt von einer kleinen kirche, liegt tief in der erde am fusse des mount of olives - oder wie wir sagen: oelberg. hier kann man tatsaechlich einen steinernen sarkophag sehen, in dem die gebeine marias lagen. was soll ich sagen? entweder ist die ganze story ziemlich gut arrangiert, oder es ist doch was wahres dran. ewige zweifler wie ich einer bin, kommen in jerusalem schon arg ins wanken. ich verweile noch ein wenig in der kuehlen gruft, dann ruft david. "michael, wir muessen zurueck zur grenze. sonst kommen wir heute nicht mehr rueber."

schon sitze ich wieder im auto, richtung jordanien, und der - schon im letzten post beschriebene - prozess des grenzuebertritts wiederholt sich noch einmal. es war ein kurzer besuch in der heiligen stadt. kurz aber intensiv, und jedem zu empfehlen - egal an was man glaubt. shalom, jesus und maria.